Carnarvon
06. 11. 2013


Tomoko weckte mich um 5.45 h. Da wir ohne Frühstück gleich losfahren wollten, um die frühe Morgenstunde zur Vogelbeobachtung nutzen zu können, standen wir gleich auf. Ziemlich schnell hatten wir alles wieder im Auto verstaut und fuhren um 6.10 h los. Nachdem wir noch mal vollgetankt hatten, war unser erstes Ziel "Bibbawarra Bore", ein Brunnen in der näheren Umgebung, der schon vor über 100 Jahren gebohrt wurde um Schafe, Kühe und Ziegen mit frischem Wasser zu versorgen. Eine sehr holprige Schotterpiste führte über 12 km dorthin. Es sprudelte tatsächlich frisches Wasser aus dem Bohrloch, doch leider waren außer ein paar Finken (Star Finch und Zebra Finch), einem Bienenfresser (Rainbow Bee-eater) sowie einem Singing Honeyeater keine weiteren Vögel zu sehen, außer einem Reiher (White-necked Heron) der davonflog, als wir uns näherten.

Es war etwas bewölkt und ein ziemlich kühler Wind wehte schon wieder heftig. Wir fuhren weiter durch die öde, flache Landschaft. Rechts und links der Straße waren immer wieder ausgetrocknete Stellen zu sehen, die teilweise mit Salz verkrustet waren. Hin und wieder tauchten ein paar Ziegen oder Kühe auf.

Nach kurzer Zeit mündete die Gravel Road in eine gut asphaltierte Straße, auf der wir die 47 km bis zu unserem nächsten Ziel, den "Blowholes" am Indischen Ozean, schnell schafften. Um 8.30 h kamen wir dort an. Tomoko war schon etwas müde, doch plötzlich war sie vom Anblick dessen was wir sahen hellwach. Eine unglaubliche Mondlandschaft erwartete uns, durch die wir etwa 100 m bis zum Meer gehen mussten um die Blowholes aus der Nähe zu sehen. Die Blowholes sind Löcher in den Felsen an der Küste, in die die ankommenden kräftigen Wellen Wasser hineindrücken, so dass das Wasser nach oben in bis zu 20 m hohen Fontänen wie bei einem Geysir herausspritzt, ein wirklich beeindruckender Anblick.

Eine ganze Weile schauten wir diesem Schauspiel zu. Man sollte aber nicht zu nah an den Rand der Felsen gehen, da gewaltige Brecher, sogenannte King Waves, entstehen können, die einen ins Meer spülen könnten. Am Parkplatz stand ein großes Warnschild. Eine vorbeikommende Australierin erzählte uns, dass vor ein paar Jahren an dieser Stelle ein Japaner ein Foto ganz nah bei den Blowholes machen wollte und dabei von einer solchen King Wave ins Meer gespült wurde und nicht mehr auftauchte, schrecklich…

Tomoko beobachtete mit ihrem Fernglas die anrollenden Wogen. Dort flogen viele schwarze Vögel (Wedge-tailed Shearwater) und Möwen dicht über der Wasseroberfläche dahin. Plötzlich rief sie: "Da sind Delfine…" Ich sah auch wie sich schemenhaft 4 - 5 große Körper mit dreieckigen Flossen dem Ufer näherten. Als sie näher kamen entfuhr es uns beiden gleichzeitig: "Das sind keine Delfine, das sind Haie" Tatsächlich konnten wir genau beobachten, dass es sich um etwa 2-3 m große Haie handelte, offensichtlich Schwarzspitzen-Riffhaie, wie wir an einem dunklen Fleck an der Rückenflosse erkennen konnten. Tomoko ging vor Schreck gleich 10 m zurück.


Wir machten einige Fotos und gingen dann zum Auto zurück. Wir fuhren ein paar hundert Meter weiter auf einen kleinen Parkplatz um Frühstück zu machen. Ich stellte unser Auto so hin, dass die Seite mit dem Gaskocher im Windschatten lag. Der Wind war inzwischen so heftig, dass er die Gasflamme glatt ausgepustet hätte. So machten wir Kaffee und für Tomoko Haferflockenbrei. Ich aß mein schon gestern Abend vorbereitetes Sandwich mit einer leckeren Tomate dazu. Hinter uns spritzte die Brandung immer wieder hoch. Manchmal entstand ein Regenbogen im Licht der hellen Sonne.

Gestärkt traten wir gegen 9.40 h die Rückfahrt an. Um 10.30 h waren wir zurück in Carnarvon. Zunächst kauften wir wieder bei Woolworths etwas ein, vor allem frisches Wasser, dann begaben wir uns in ein Café in der Nähe und bestellten wieder Cappuccino und Kuchen. Wir konnten draußen sitzen, da es bei "nur" 29° nicht zu heiß war.

Anschließend fuhren wir zur "One-Mile-Jetty", einer Stelle, wo man eine 1,6 km lange Landungsbrücke ins Meer gebaut hatte, auf der man mit einer kleinen Eisenbahn bis ans Ende fahren kann. In unmittelbarer Nähe liegt ein kleines Eisenbahnmuseum. Hier hielten wir kurz an. Zahlreiche teilweise total verrostete alte Lokomotiven und Wagen standen hier wild durcheinander. Auf den alten Gleisen ist sicher schon lange kein Zug mehr gefahren. Wir machten ein paar Fotos, wobei Entelchen mit einem Stuttgart21-Aufkleber Aufsehen erregte.

Wir fuhren ein kleines Stück weiter bis zum Parkplatz bei der "Jetty". Die kleine Eisenbahn wartete abfahrbereit. Damit fuhren wir aber nicht, sondern machten stattdessen ein paar Schritte über einen noch nicht ganz fertig gebauten Holzsteg durch die dichten Mangroven.

Im Schlamm konnten wir zahlreiche kleine Winkerkrabben und Schlammspringer sehen, die fluchtartig in ihren Löchern verschwanden, wenn wir uns zu auffällig bewegten.

Zurück ging es wieder nach Carnarvon. Beim Ortsausgang kauften wir in einem Bottle Shop eine Flasche Bio-Weißwein. An der Straße wies ein Schild auf den Verkauf von organischen Agrarprodukten hin. Wir bogen ab und waren überrascht, als wir hinter dichten Bananenstauden unter zahlreichen Mangobäumen ein kleines Haus fanden, wo ein Bauer seine erntefrischen Bio-Produkte verkaufte.

Wir bedauerten, dass wir vorhin schon bei Woolworths einiges eingekauft hatten. So kauften wir nur eine dicke reife Papaya, eine Avocado, einige Bananen und eine Paprika. Die Mangos werden leider erst in einem Monat reif, schade… Gegen 13.00 h waren wir mit allen Besorgungen fertig. In einer kleinen Broschüre, von einem Vogelkundler zusammengestellt, hatten wir gelesen, dass "Rocky Hole" eine Stelle sei, die für Vogelbeobachtung interessant sei. Die etwa 45 km ins Landesinnere führende Strecke war sehr einsam. Die letzten 4 km bogen wir ab auf eine sandige Piste, die bis zum "Rocky Hole" führte. Dort angekommen sahen wir eine Wasserfläche, umrahmt von roten Felsen. Einige Pelikane und Taucher schwammen auf dem Wasser. Aus einem nahen Gebüsch drang lautes Geschrei von einigen Corellas und etliche Kühe, darunter einige Bullen, schauten uns nicht gerade freundlich an.

Von den auf der Landkarte eingezeichneten Toiletten keine Spur. Eigentlich wollten wir hier übernachten, aber uns beschlich beide ein komisches Gefühl. Alles wirkte etwas heruntergekommen. Einige leere Getränkedosen lagen herum. Ein verrostetes Schild erzählte etwas über den Platz. Nein, hier wollten wir nicht bleiben. Wir beschlossen wieder nach Carnarvon zurückzufahren und im gleichen Caravanpark wie letzte Nacht zu übernachten. Schnell fuhren wir zurück und kamen um 15.45 h wieder dort an. Wir bekamen den gleichen Platz Nr.20 wie gestern. Wir waren beide zufrieden, dass wir so entschieden hatten. Nachdem alles ausgepackt und Gas und Strom angeschlossen waren, begann Tomoko gleich zu kochen. Ich übernahm wieder die Aufgabe, den kochenden Reis zu beobachten, was mir offensichtlich sehr gut gelang, bekam ich doch ein dickes Lob von Tomoko, die als Asiatin ja gut weiß, wie man Reis kocht… Sie bereitete inzwischen ein koreanisches Bibimbap vor, verschiedenes kleingeschnittenes Gemüse (Möhren, Gurke, Rettich) sowie Ei und Tofu in einer Sesam-Chili-Soße. Dies wurde über den Reis auf einem Teller verteilt und noch mit einigen Kräutern garniert, von denen der heftige Wind leider einige vom Teller blies. Das schmeckte zusammen mit Bier (ich) und Wein (Tomoko) großartig.

Nach spülen und duschen zogen wir uns ins Auto zurück und widmeten uns unseren üblichen Tätigkeiten, Tagebuch schreiben (ich), an Übersetzung arbeiten (Tomoko). Die Fotos schauten wir natürlich auch noch an. Gegen 21.00 h wurden wir müde und machten unser Bett zum Schlafen.


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